Rezension: Thees Uhlmann. Sophia, der Tod und ich

Thees Uhlmann, der Ex-Frontier von Tomte hat ein Buch geschrieben. Was Oliver Polak und Jan Böhmermann in ihrer Sendung oder auf der Facebookseite empfehlen, muss gut sein, denke ich mir. Leider wird mir auf den ersten Seiten bewusst: Dem Autor hat es nicht gut getan, von kurzen Songtexten auf Romanlänge umzuschulen.

In „Sophia, der Tod und Ich“, trifft der Protagonist auf seinen Tod. Sophia, die schlagfertige Exfreundin, verzögert seinen Sterbeprozess durch den banalen Plotpunkt, dass sie an der Tür klingelt. Dann machen sie sich auf eine Reise und treffen dabei auf verschiedenste Menschen. Was in der Trivialliteratur bereits tausend Mal durchgespielt wurde, wird hier in Abwesenheit einer echten Dramaturgie beschönigt.

Im Dialog werden die Akteure mit einem „Ich“ und „Er“ gekennzeichnet. Die Abwesenheit von Rhythmus und Timing stört beim Lesen. Aber immerhin hält sich der Dialog in seinem Chaos über 300 Seiten – und hat dabei auch seine hellen Momente. Dennoch ändert das leider nichts daran, dass die Charaktere alle im gleichen Ton reden. Ohne eben jene „Ichs“ und „Ers“ wären sie schwer zu unterscheiden; der Tod hat auf wundersame Weise den Syntax des Protagonisten angenommen. „Scheiße noch eins“, sagt da zum Beispiel der Tod, der mal aus Eimsbüttel zu kommen scheint und an anderen Stellen wieder aus dem bösen Untergrund.

Teilweise fallen die Spieler komplett aus der Rolle. Wenn die Mutter des Protagonisten als sorgsames Muttchen gezeichnet wird, um – nachdem sie vom bevorstehenden Tod ihres Sohnes erfährt – einzig und allein an ihren Marmeladenvorrat zu denken. Ein anderes Mal spuckt sie auf den Boden wie ein Sizilianer auf der Hochzeitsfeier seiner Tochter.

Einige Male erwische ich Uhlmann dabei, wie er Techniken bekannter Popliteraten umfunktioniert. Er kreiert Listen mit Namen wie: „Abgedrehte Sachen, die ich sonst noch gehört habe“. Kopieren ist nicht gleich verwerflich, schlecht kopieren aber schon. Diese Listen sollen komisch daherkommen, erinnern aber eher an Stuckrad-Barre oder Nick Hornby in Rente.

Woher der Protagonist, der Altenpfleger und Fußballfan ist, wissen soll, was „Timbre“ heißt, oder wie das Konjunktiv in der Vergangenheit genutzt wird – an einer Stelle verbessert er den Tod – erschließt sich mir bis zum Schluss nicht. Wie es gerade passt, ist der Protagonist der naive Dümmling, der weise Sprüche wie gratis Kugelschreiber raushaut oder er verliert sich in hochphilosophischen Ausführungen.

Als der Tod, Sophia und der Protagonist in eine Kneipe gehen, alleine um des Saufens willen, fühlt der Leser sich kurzweilig belustigt, fragt sich aber, wo das plotmäßig hinführen soll. So zieht die wahre Story an uns vorbei. Ein Mal ist gar ein Dackelblick schuld daran, dass die Charaktere weiterziehen.

Wenn ich jemals ein Manuskript an einen Verlag verkauft bekomme, wird es auf einer einsamen Insel spielen. Alle Charaktere bleiben an Ort und Stelle. Keiner geht vor oder zurück. Denn wenn der Debütautor nicht auf neue Ideen kommt, dann lässt er seine Schätze durch Deutschland ziehen. So geistern auch der Tod, Sophia und der Sterbende im Roadmovie durch die Republik, um Menschen zu treffen, die allerlei Plattitüden von sich geben. Für die Story sind sie weniger relevant.

Immer wieder gibt es schöne Erzählpassagen, aufregende Szenen und sprachlich herausragende Bilder. Beobachtungen, die es wert sind, gelesen zu werden. Da zeigt sich Uhlmanns Stärke. Diese Passagen erinnern an seine Songtexte, an nette Gedichte und Aphorismen. Hätte Uhlmann besser mit einem Erzählband anfangen sollen? So aber lässt man ihn mit einem unglaubwürdigen Plot in den literarischen Exitus laufen – und der Tod kommt in Hardcover.

Dennoch: Ich lache. Einige Male lache ich laut. Ich streiche Passagen mit einem Sternchen an, weil ich sie mag. Weil sie meine Gedankenwelt herausfordern. Zumindest im Rahmen des spießigen Vorstädtertums, das Thees Uhlmann in dieser Geschichte für uns kreiert.

Thees Uhlmann wäre ein richtiger guter Songwriter geworden. Gereicht hat ihm das leider nicht. Warten wir ab, was das zweite Buch hergibt.


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